*Sexuality and Space*, herausgegeben von Beatriz Colomina, ist eine wegweisende Sammlung von Essays, die 1992 veröffentlicht wurde und die Beziehung zwischen Sexualität, Geschlecht und Architektur untersucht. Das Buch basiert auf Vorträgen der "Sexuality and Space"-Konferenz der Princeton School of Architecture und vereint Perspektiven von Architektur, Kunstgeschichte, Gender Studies und Psychoanalyse. Es beleuchtet, wie sexuelle und geschlechtsspezifische Vorstellungen in die Gestaltung, Nutzung und Wahrnehmung von Räumen einfließen.
Hier sind einige zentrale Themen und Inhalte:
1. **Verbindung von Raum und Identität**: Die Essays im Buch untersuchen, wie Räume geschaffen werden, um bestimmte soziale Identitäten und Machtverhältnisse zu repräsentieren und zu formen. Colomina und andere Autoren argumentieren, dass Räume nicht nur durch Funktion und Ästhetik definiert werden, sondern auch durch die kulturellen und sozialen Kontexte, die oft unausgesprochene Normen und Tabus widerspiegeln.
2. **Geschlechtsspezifische Räume**: Das Buch beleuchtet, wie sich die Trennung und Gestaltung von Räumen historisch durch Vorstellungen von Geschlechterrollen geprägt hat. Zum Beispiel wird die räumliche Trennung von Männer- und Frauenbereichen im häuslichen und öffentlichen Raum analysiert und hinterfragt. Diese Aufteilung ist oft eine Reflektion der gesellschaftlichen Rollen, die Frauen und Männer zugeschrieben werden.
3. **Psychoanalyse und Architektur**: Colomina bezieht psychoanalytische Konzepte in die Architekturkritik ein, insbesondere in Bezug auf das Werk von Sigmund Freud und Jacques Lacan. Sie analysiert, wie psychologische Dynamiken in der Gestaltung und Wahrnehmung von Räumen widergespiegelt werden. Dies zeigt sich besonders in der Verwendung von Räumen, die Privatheit und Intimität definieren, wie Schlafzimmer oder Badezimmer, die traditionell in Architekturplänen zurückhaltender behandelt werden.
4. **Beispiele aus der Architekturgeschichte**: Verschiedene Essays analysieren ikonische architektonische Werke und Projekte, um zu zeigen, wie Geschlecht und Sexualität durch Raumstrukturen und Designelemente repräsentiert werden. Colomina untersucht insbesondere die Arbeiten von Le Corbusier und Adolf Loos, um zu zeigen, wie ihre Architektur oft bestimmte Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit verkörpert.
5. **Blick und Kontrolle**: Colomina diskutiert das Konzept des "Blicks" (gaze) und wie er in der Architektur genutzt wird, um Machtverhältnisse zu strukturieren. Fenster, Spiegel und andere Gestaltungselemente ermöglichen es, Räume zu beobachten oder verborgen zu bleiben und formen so die Beziehungen zwischen denjenigen, die den Raum nutzen, und denen, die ihn kontrollieren.
6. **Privatheit vs. Öffentlichkeit**: Das Buch befasst sich auch mit der Dualität von öffentlichen und privaten Räumen und untersucht, wie diese Unterscheidung auf die Idee von Intimität und sozialem Verhalten einwirkt. Der öffentliche Raum wird dabei oft als männlich und der private als weiblich kodiert, was wiederum in der Architektur ihren Ausdruck findet.
*Sexuality and Space* bietet eine interdisziplinäre Perspektive auf die Frage, wie soziale und kulturelle Konventionen in räumlichen Konstruktionen festgehalten und reproduziert werden. Colomina lädt dazu ein, Architektur über ihre materielle Form hinaus als Ausdruck gesellschaftlicher Machtstrukturen zu verstehen und neu zu bewerten. Das Buch bleibt ein wichtiges Werk für die Architekturtheorie, die Gender Studies und die Kulturwissenschaften, da es neue Fragen zu Raum, Sexualität und Identität aufwirft und zur kritischen Reflexion anregt.