Das Österrichische Drama und Theater lehnen jede Isolierung von ihren innersten Wesensgründen her ab, dennoch gibt es ein Österreichisches Drama. Das ist weder die Konstruktion eines "stammhaften Gefüges" noch die Marotte eines rot-weiss-roten Patriotismus, sondern es ist eine geistige, eine künstlerische, eine geschichtliche Wirklichkeit. Das für die Österreicher und ganz besonders für die Wiener Charakteristische ist, dass sie den Gegensätzen der Weltanschauungen und Formen auf ihren Bühnenbrettern mit grösster Toleranz Raum geben und dass sie diese Gegensätze, die im Leben sonst unvereinbar sind, durch die Zauberkraft des Theaters aufheben und in einem Geist des Mühelosen und Unbeschwerten auflösen, wo alles Menschliche Sein und Spiel zugleich ist. Burgtheater und Volkstheater, Stadtdrama und Alpendrama, Staatsparabel und traumversponnene Moralität - auch sie stehen auf diesem Boden und in diesem Geistesbereich nicht für sich allein, auch sie ergänzen und stützen einander, bilden und fügen erst in ihrer Gesamtheit und Aufeinanderbezogenheit das österreichische Drama, das österreichische Theater.