lateinisch / deutsch
Die von Horst Rüdiger herausgegebenen
„Lateinischen Gedichte“, wurden in mehreren
Auflagen gedruckt und waren - wie auch der Parallelband
„Griechischen Gedichte“ - bald vergriffen. Hanns Wilhelm
Eppelsheimer schrieb damals, die beiden Bände seien
„die klassische, von keinem Veralten bedrohte Anthologie
antiker Lyrik in deutscher Sprache“, und Bruno Snell hob
hervor, daß diese Bücher „die alte
Frage, ob Dichter oder Philologen übersetzen sollen,
zugunsten der Dichter entscheiden“.
Beide Bände erscheinen jetzt in modernisierten Neuauflagen.
Sie unterscheiden sich von allen vergleichbaren Sammlungen
dadurch, daß die Qualität oder die Eigenart der deutschen
Übersetzungen die Auswahl bestimmt hat. Auf diese Weise
entsteht ein Bild der griechischen und lateinischen Lyrik,
wie das Barock, die Aufklärung, die Goethe-Zeit, das 19. Jahrhundert
sie gesehen haben:
naiver, unbeschwerter von philologischen Skrupeln, in vieler
Hinsicht aber auch frischer und lebendiger als moderne
Versuche. Man kann in diesen Bänden sehen, was Logau,
Lessing, Wieland, Heinse, Herder, Goethe, Schiller,
die Romantiker, Platen, Geibel, Schröder u. a. unter klassischer
Lyrik verstanden und wie sie sie adaptiert haben. So liegt ein
Kompendium deutscher Übersetzungskunst vor, das den
Liebhaber erfreut, sich aber ebenso für Übungszwecke eignet,
weil es dem Benutzer die eigene Mitarbeit nicht erspart:
An den gegenübergestellten Originalen, die dem heutigen
Stand der Editionstechnik entsprechen, kann der Leser die
Entwicklung des Textverständnisses und der sprachlichen
Wiedergabe verfolgen. Von einigen Paradestücken der
Übersetzungskunst hat der Herausgeber, Professor für
Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität
Bonn, mehrere Fassungen ausgewählt, an denen der Stilwandel
des Übersetzens ebenso deutlich wird wie das Ringen mit
dem Text und mit der deutschen Sprache.