Marcel Reich-Ranicki (1920-2013), viel bewundert und viel gescholten, ist so bekannt und populär, so einflussreich und schliesslich auch so umstritten wie wohl nie ein deutscher Kritiker zuvor. Mit seinem "Literarischen Quartett" bewies er ab 1988, das die Vermittlung von anspruchsvoller Literatur im Fernsehen höchst unterhaltsam sein kann.
Als er kaum neun Jahre alt ist, zieht er von seiner polnischen Geburtsstadt Wloclawek nach Berlin. Im Jahre 1938 wird Reich-Ranicki nach Polen deportiert. Als Jude erfährt er im Warschauer Getto die schrecklichsten Demütigungen, die Menschen Menschen bereiten können. Zusammen mit seiner Frau Tosia überlebt er das Inferno. Im Polen der Nachkriegsjahre wird er Kommunist und Zeuge des grössten Verrats an der Idee einer gerechten Gesellschaft. 1958 kehrt er nach Deutschland zurück und wird beinahe sofort als Kritiker anerkannt.