Theodor Eschenburg starb im Sommer 1999 im Alter von 94 Jahren. Bis zum letzten Tag arbeitete er am zweiten Band seiner Memoiren, der die Zeit von 1933 bis 1999 umfaßt. Nimmt man den ersten Band "Also hören Sie mal zu", seine Erinnerungen ans Kaiserreich und an die Weimarer Republik, hinzu, wird Eschenburg zum Chronisten unseres Jahrhunderts. Temperamentvoll, farbig, anekdotenreich, doch zugleich prägnant faßt Eschenburg Geschichte in Geschichten: Wie er nach seinem politischen Engagement unter Stresemann Zuflucht in der Kleinindustrie findet, wie er zeitweilig der Motor-SS beitritt und Bombennächte in Berlin-Zehlendorf in Gesellschaft von Ludwig Erhard und dem späteren Bundesbankpräsidenten Karl Blessing verbringt. Alle drei beraten, was sie nach dem Krieg tun würden. Theodor Eschenburg wird Flüchtlingskommissar in Württemberg-Hohenzollern, später Professor für Politik in Tübingen, Mitarbeiter der "Zeit", ein gefragter, prägender Publizist, Debattenredner, Ratgeber. Eschenburg war bei der berühmten "Münchener Konferenz" dabei, als die Ministerpräsidenten der östlichen Länder durch ihren Auszug die Zweiteilung Deutschlands besiegelten. Eschenburg begegnet allen namhaften Politikern der Bundesrepublik: unter ihnen Konrad Adenauer, Theodor Heuss, Willy Brandt, Helmut Schmidt. Immer wieder vermag Eschenburg an einer einzelnen Gestalt oder Begebenheit eine ganze Tendenz deutlich zu machen: Geschichte wird durch seine Geschichten anschaulich. Theodor Eschenburg wurde 1904 in Kiel geboren, war Geschäftsführer von Industrieverbänden, 1947 Stellvertreter des Innenministers von Württemberg-Hohenzollern, 1951 Staatsrat und Professor für Politikwissenschaft. Er verfaßte zahlreiche Bücher und Aufsätze. 1995 erschien sein Buch "Also hören Sie mal zu. Geschichte und Geschichten 1904 bis 1933". Theodor Eschenburg starb 1999 in Tübingen.